Studio Jobs bunte Wunderwelt
Das Künstlerduo Studio Job ist durch Ausstellungen wie "Hands on Design" im Design Museum Gent bekannt. Bei uns in den Swarovski Kristallwelten haben die Künstler 2015 eine Wunderkammer gestaltet.
Täglich 9:00 - 19:00 Uhr,
Letzter Einlass 18:00 Uhr
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… eigentlich nichts Neues und doch erscheinen diese Worte in einem anderen Licht, betrachtet man die neue Installation "El Sol" in den Swarovski Kristallwelten. Es ist kein geringerer als Fernando Romero, der mexikanische Stararchitekt, berühmt für seine kühnen Bauwerke wie das Soumaya Museum oder den größten Flughafen der Welt in Mexiko City, der zusammen mit Swarovski eine kristalline Hommage an die Sonne entwickelte.
Doch wenn wir von der Sonne sprechen, was bedeutet das eigentlich? Was ist die Sonne? Wie funktioniert die Sonne? Jeder hat sich dies sicher schon einmal gefragt. Hier eine kleine Erläuterung:
In etwa 150 Millionen Kilometer Entfernung von der Erde, im äußeren Drittel der Milchstraße, befindet sich ein viereinhalb Milliarden Jahre alter heißer Feuerball. In seinem Inneren misst er bis zu 15 Millionen Grad und die Erde hätte eine Million Mal Platz. Der Sonnenkern ist der Ursprung von Wärme und Licht. Ohne die Sonne gäbe es keine Rohstoffe wie Kohle, Erdgas und Erdöl, denn diese Stoffe entstehen durch die chemische Umwandlung abgestorbener Pflanzen. Sie ist der Motor für den Wasserkreislauf und das Wetter (Erwärmung, Verdunstung, Nacht und Tag...). Ohne die Sonne gäbe es daher keine Pflanzen, keine Tiere, keine Menschen, sprich kein Leben auf der Erde.
Doch zurück zu unserer kristallinen Sonne, getauft "El Sol" (spanisch: Die Sonne). Es war im Jahr 2015, als das Familienunternehmen Swarovski seinen 120. Geburtstag feierte. Nadja Swarovski, Mitglied des Executive Boards, lud den mexikanischen Architekten Fernando Romero ein, eine Installation im Rahmen der Design Miami/, einer der wichtigsten Kunstmessen für Sammler und Design-Interessierte, zu entwerfen.
Dieses Angebot ließ sich Fernando Romero nicht entgehen und kam sofort mit seinem Team aus New York (Anm.: Das Architektenbüro Fernando Romero EnterprisE (FREE) besitzt weltweit mehrere Büros ua. in Mexiko City und New York) nach Wattens, um sich selbst ein Bild von Swarovski zu machen. Hier durfte ich das Team begrüßen und zusammen mit meinen Arbeitskollegen aus London und Wattens dieses Projekt leiten.
Lange Workshops, unzählige E-Mails, Videokonferenzen, Meetings in New York, London und Tirol begleiteten uns in den darauffolgenden Wochen. Insgesamt waren hier etwa 40 Kollegen und 6 externe Firmen involviert.
Fernando Romeros Idee: Eine geodätische Struktur, die maßstabsgetreu eine Milliarde Mal kleiner ist als die Sonne (Durchmesser 1,39m). Inspiriert von der göttlichen Geometrie, wie sie von den Azteken und Mayas beim Bau ihrer Pyramiden zum Zwecke genauer Sonnen- und Sternenbeobachtungen verwendet wurde. Zusammen entwickelten wir mit einem in Tirol ansässigen Konstruktionsbüro diese Idee weiter. Die zentrale Frage: Wie lässt sich das Design technisch optimal umsetzen? Die Lösung war nicht einfach und ließ unsere Köpfe rauchen.
Zur selben Zeit in Mexico: Fernando Romero arbeitet zusammen mit dem britischen Stararchitekt Sir Norman Foster an einem buchstäblichen Mammutprojekt: dem Flughafen in Mexico City, der bei seiner geplanten Eröffnung im Jahr 2020 der größte und nachhaltigste Flughafen der Welt sein wird.
Auf der Suche nach einer Lösung für die überragende Struktur des Flughafens interessierte sich Fernando Romero für die Anfang des 20. Jahrhunderts entstandenen Experimente der geometrischen Formen des Architekten und Visionärs Richard Buckminster Fuller. Er ist bekannt durch seine Architektur der geodätischen Kuppel, welche auch im Kristalldom der Swarovski Kristallwelten zu finden ist. Dabei kam ihm die Idee der Konstruktion unserer kristallinen Sonne.
Die Lösung: Eine mathematisch aufwändig berechnete Konstruktion aus transluzentem Acryl. Diese wurde aus mehreren Teilen in einem speziellen 3D Printer als geodätischer Dom (Gitterform) hergestellt und fasst die Kristalle präzise. Die genau 2.880 Kristalle selbst wurden speziell für dieses Projekt in vier verschiedenen Formen und Größen entwickelt. Die pyramidenförmigen Kristalle sind mit dem ikonischen Aurora Borealis Effekt beschichtet und nach innen facettiert. So reflektieren sie perfekt das Licht, das aus dem Kern der Installation scheint.
Das Licht aus dem Inneren entsteht durch hunderte High Power LEDs. Dabei durften wir auf Filmmaterial der NASA zugreifen. So sieht der Betrachter eine von den Kristallen abstrahierte Originalaufnahme der Sonne, deren Sonnenstürme und Eruptionen die Oberfläche in ständiger Bewegung halten.
Doch mit der Konstruktion allein war es nicht getan, wir wollten eine multisensorische Installation erschaffen. Was fehlte noch? Musik! Doch welche Musik passt zur Sonne? Wie klingt die Sonne? Dieser Gedanke ließ uns nicht los und so stürzten wir uns in die Recherche. Mit der Physik und Astronomie Abteilung der University of Birmingham in Großbritannien fanden wir schließlich einen Partner, der sich mit dieser Frage beschäftigte und uns die gewünschte Antwort bzw. Akustik lieferte.
Auf der Tonspur, die von ihrem internationalen BiSON-Projekt (Birmingham Solar Oscillations Network) bereitgestellt wurde, ist der "Schall" der Sonne zu hören. Dieser besteht aus akustischen Wellen, aufgenommen von Spektrometern, die die Sonne seit den 70er Jahren beobachten. Die Sonne läutet wie eine Glocke. Um diese Geräusche allerdings für den Menschen hörbar zu machen, wurden sie 100.000 Mal beschleunigt und somit auf 300 Hz erhöht.
Dezember, 2015: Nach mehreren Monaten Arbeit und einem nervenaufreibenden Versand (hier war ein speziell temperierter Kunsttransport nötig) konnten wir "El Sol" schließlich in Miami, Florida präsentieren. Das Interesse im Vorfeld war bereits sehr groß, aber die positiven Reaktionen und die Vielzahl der Gäste übertrafen alle unsere Erwartungen. Unzählige Kameras ("El Sol"-Selfies waren überaus beliebt) rückten unsere kristalline Sonne in den Mittelpunkt.
Nach dem großen Ansturm kehrte wieder etwas Ruhe ein und "El Sol" machte sich auf den Weg zurück nach Wattens, wo sie vorerst eingelagert wurde. Im Laufe der folgenden Monate fragten mich viele, wo denn "El Sol" wäre und ob sie diese sehen könnten. Leider musste ich sie vertrösten, denn ein neuerlicher Aufbau war zu dieser Zeit nicht geplant.
Doch dann kam plötzlich alles anders als erwartet: Fernando Romero selbst kam fast auf den Tag genau ein Jahr später im Dezember 2016 mit einer Einladung der renommierten Kunst und Designmesse ZONA MACO in Mexico City auf uns zu. ZONA MACO ist die bedeutendste Messe für zeitgenössische Kunst in Lateinamerika. "El Sol" sollte erneut präsentiert werden! Swarovski zögerte nicht lange und nahm die Einladung mit großer Freude an. Ich war natürlich sofort begeistert und stürzte mich in die Arbeit. Es musste einiges getan werden, da nur fünf Wochen Zeit bis zur Eröffnung waren. Mit Hilfe vieler Kollegen bei Swarovski und dem Team von Fernando Romero vor Ort schafften wir schließlich das anfangs Unmögliche und präsentierten "El Sol" vor hunderten Journalisten und tausenden Besuchern in seiner geistigen Heimat Mexico City.
Nach der Rückkehr aus Mexico war sofort klar: "El Sol" darf nicht zurück ins menschenleere Lager. Carla Rumler, Cultural Director der Swarovski Kristallwelten, erkannte die einzigartige Möglichkeit, der "Sonne" in den Kristallwelten eine neue Heimat zu geben. Ein weiteres Kapitel im Leben unserer kristallinen Sonne begann. Sofort kontaktierten wir Fernando Romero und sein Team und überbrachten die freudige Nachricht.
Nun galt es, aus einer temporären Installation eine multisensorische Wunderkammer zu machen. "El Sol" wurde technisch auf den neuesten Stand gebracht, LEDs ersetzt und erneuert, geputzt und poliert. Die wohl aufregendste – und bei weitem technisch herausforderndste – Neuerung war die Abhängung der Sonne von der Decke (ursprünglich stehend konzipiert). Diese Forderung kostete uns einige schlaflose Nächte und viel technische Konstruktionsarbeit. Neue Metallteile, Deckenträger, Abhängungen und viele statische Berechnungen mussten erstellt werden.
Rund um die Sonne schufen wir einen tiefblauen elliptisch geformten Raum der durch seinen fließenden Übergang in Decke und Boden das Gefühl des unendlichen Weltalls vermittelt. Die meditative Wirkung des Raums wird durch das ständige Licht- und Farbenspiel, die unzähligen Reflexionen und den Schall der Sonne verstärkt und man erfährt sie am besten von der in die Wand integrierten Sitzmöglichkeit aus.
Die Wunderkammer "El Sol" wurde schließlich nach einer Rekordumbauzeit von nur 3 Wochen Ende November 2017 zusammen mit Fernando Romero und seinem Team und vielen nationalen sowie internationalen Gästen eröffnet. Ich persönlich bin sehr stolz auf dieses einzigartige Projekt, welches nun nach einer Reise um die Welt zurück zu ihrem Ursprung kehrte.
Hier noch ein Einblick in die Entstehung der Wunderkammer "El Sol" in den Swarovski Kristallwelten:
Tipp: Das Thema Licht spielt nicht nur in der Wunderkammer "El Sol" eine wichtige Rolle, sondern auch bei unserem aktuellen Lichtfestival. Noch bis 18. Februar leuten der Garten und auch die Wunderkammern des Riesen in spektakulären Inszenierungen!
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