Ich stehe ganz still, dicht vor der Glasvitrine. Und ich bin ehrlich beeindruckt. Man hat in diesem Raum tatsächlich das Gefühl von Unendlichkeit, ohne Grenzen, mit tausendfachen Spiegelungen in jede Richtung.
So wie mir erging es schon unzähligen Menschen in Los Angeles, New York oder Washington. Denn an diesen Orten gab es sie bereits temporär, die „Infinity Mirror Rooms“ von Yayoi Kusama. Wie der Name schon sagt, handelt es sich um Spiegelräume, verschieden arrangiert und immer wieder weiterentwickelt. Sie zeigen farbige Punkte – die sogenannten „Polka Dots“ – oder Lichtinstallationen, die sich ewig spiegeln und dadurch den Raum unendlich werden lassen. In den Swarovski Kristallwelten trägt der Raum den Namen "Chandelier of Grief" und hat einen rotierenden Swarovski Kristall-Luster als funkelndes zentrales Element.
Wunderbare Illusion
Spiegellabyrinthe oder Spiegelkabinette gibt es bereits seit dem 19. Jahrhundert. Schon immer ging es um die Irreführung des Besuchers, um die Illusion von langen Wegen in einem kleinen Raum. Und schon immer hat diese Illusion und der Blick in tausende Spiegel die Menschen wohl fasziniert. Das ist heute nicht anders.
Yayoi Kusama, die Schöpferin der „Infinity Rooms“, ist eine der gefragtesten zeitgenössischen Künstlerinnen. Die Japanerin lebt seit Jahrzehnten freiwillig in einer Nervenheilanstalt und geht von dort täglich in ihr Atelier. Ihre Biografie liest sich wie eine unglaubliche Geschichte voll Halluzinationen, gesellschaftlichem und familiärem Druck und dem langen Weg bis zu weltweitem Erfolg. Auf Yayoi Kusama will ich hier aber nicht näher eingehen. Ihr werden noch weitere Beiträge gewidmet. Ein Kurzportrait der Künstlerin findet ihr aber >> hier.
#InfiniteKusama #yayoikusama
Für Facebook, Instagram & Co sind die „Infinity Rooms“ jedenfalls perfekt. Selfies vor unendlichem Hintergrund, Decke und Boden verschwimmen. Manchmal hat man das Gefühl, einen Blick ins Weltall zu werfen.
Sieht man den Hype um Yoyoi Kusama, so ist es umso beeindruckender, dass seit wenigen Tagen hier in den Swarovski Kristallwelten in Wattens die einzige permanent zugängliche Kusama-Installation Europas zu sehen ist. Und dabei können Besucher den Raum ganz in Ruhe auf sich wirken lassen. Zeitbeschränkungen für die Besuchsdauer, wie 45 Sekunden in der David Zwirner Gallery in New York, gibt es hier zum Glück keine.
Und so stehe ich noch ziemlich lange ganz still vor dem Kristallluster in der Mitte der Wunderkammer, probiere danach verschiedene Perspektiven aus, drehe mich um die eigene Achse. Als ich den Raum verlassen will, finde ich den Ausgang nicht gleich. Die verspiegelte Schiebetüre ist geschlossen und ich habe für einen Moment die Orientierung verloren, mich hinausgewagt in die Unendlichkeit. Eine faszinierende Erfahrung, wenn man sich die Ruhe nimmt und sich auf diese außergewöhnliche Wunderkammer einlässt. Viel Spaß dabei!
Hier gibt's noch mehr Bilder und Infos zur Wunderkammer "Chandelier of Grief" von Yayoi Kusama in den Swarovski Kristallwelten:
In unserer Serie „Nahaufnahme“ werfen wir einen genaueren Blick in einige Wunderkammern – und dahinter! Freut euch auf interessante Background-Informationen, Spannendes zu den Künstlern und so manche Anekdote.