Wie man Kammermusik funkeln lässt ...
Bei »Musik im Riesen« geht es immer um Kammermusik und Virtuosität, um die Überwindung von Stilgrenzen, um intensives künstlerisches Erleben.
Die Rede ist von den Wiener Sängerknaben, die am 18. August 2017 unter der Leitung von Kapellmeister Luiz de Godoy ein seltenes Gastspiel in den Swarovski Kristallwelten in Wattens geben.
Die jungen Gesangstalente sind zehn bis vierzehn Jahre alt, wobei die Wiener Sängerknaben bereits seit über 500 Jahren bestehen. Im März 2017 wurden sie zum Unesco Weltkulturerbe ernannt und mit ihrer Ausbildungs- und Chortradition ins Verzeichnis des Immateriellen Kulturerbes in Österreich aufgenommen.
„Wer hat´s erfunden?“
1498, vor mehr als einem halben Jahrtausend, verlegte der spätere Kaiser Maximilian I. seinen Hofstaat von Tirol nach Wien – natürlich auch seine Hofkapelle, die er mit Singknaben aus Wilten gründete. Eine spannende West-Ost-Verbindung, wie ich finde! Mit seiner Übersiedelung hatte Maximilian jedenfalls den Grundstein für die Wiener Sängerknaben gelegt.
Über die Jahrhunderte zog der Wiener Hof berühmte Musiker wie Gluck, Salieri, Mozart oder Bruckner an. Joseph Haydn und Franz Schubert waren selbst Chorknaben. Bis 1918 sang der Chor ausschließlich für den Kaiserhof; nach dem Ersten Weltkrieg wurden aus den kk Hofsängerknaben die Wiener Sängerknaben.
Hier noch ein paar interessante Hardfacts, wenn wir schon bei der Historie sind: Seit 1926 haben 2482 Sängerknaben an die 1000 Tourneen in 98 Länder unternommen, dabei wurden mehr als 27.000 Konzerte gesungen.
Internationaler als gedacht
Ehrlich gesagt, war mir diese internationale Aufstellung der heutigen Wiener Sängerknaben gar nicht so bewusst. Hier wurde ich eines Besseren belehrt, denn die jungen Sänger kommen nicht nur aus Österreich, sondern auch aus Albanien, Bosnien, China, Irland, Japan, Korea, Russland, Serbien, aus der Türkei – und ihr Kapellmeister ist Brasilianer.
Außerdem gilt Österreich mit über 3.200 Chören verschiedenster Richtungen - darunter die Altenburger Sängerknaben, der Mozart Knabenchor uvm - als vielseitiges Musikland.
Wie wird man zum Sängerknaben?
Es gibt viele Möglichkeiten, Wiener Sängerknabe zu werden, jede Geschichte ist anders: Einer hat ein Konzert gehört, ein anderer einen Bericht im Fernsehen gesehen, ein dritter etwas in einer Zeitung gelesen und ein vierter hat – im fernen Australien – seiner Mutter so lange in den Ohren gelegen, bis sie ihn schließlich vorsingen ließ. Manche haben Brüder, Väter, Onkel oder sogar Großväter bei den Sängerknaben gehabt. Im Gegensatz zu Menschen, die als Erwachsene oft noch nicht sicher sind, wohin sie ihr Weg führt, haben diese Knaben bereits in jungen Jahren sehr klare Vorstellungen über ihren beruflichen Werdegang und erfüllen sich mit diesem lebensverändernden Schritt (oft von weit her) nach Wien einen großen Traum.
Hat man das Vorsingen gemeistert, beginnt das Leben als Wiener Sängerknabe und auch die müssen in die Schule gehen und lernen, wie jedes andere Kind auch. Damit die Jungs Proben, Konzerte, Schule und Freizeit unter einen Hut bringen, bedarf es eines ausgeklügelten Stundenplans, den eine eigene Schule samt Internat ermöglicht.
Und um jetzt schlussendlich mit allen Vorurteilen aufzuräumen – es gibt auch einen Mädchenchor der Wiener Sängerknaben. Dieser wurde 2004 gegründet und ist für singbegeisterte Mädchen im Alter ab zehn Jahren gedacht.
Von Japan nach Wattens und einmal um die ganze Welt
Sieht man sich den Terminkalender der Wiener Sängerknaben an, so merkt man gleich, hier kommt keine Langeweile auf. Nach einer großen Japan-Tournee mit 35 Konzerten und einem außergewöhnlichen Auftritt beim Formel 1 Grand Prix in Spielberg kommen die 23 jungen Gesangstalente im August nach Wattens und liefern in den Swarovski Kristallwelten gleich zweimal (um 18 Uhr und um 20 Uhr) ein 40-minütiges Feuerwerk an schillernder Musik – darunter ein Mozart-Kanon, eine spitzbübische Karnevals-Farce aus dem 16. Jahrhundert oder Bernsteins augenzwinkernd-freches Lied “I Hate Music” – natürlich nicht. Eine kurze Hörprobe gefällig? Bitteschön:
